Begriff

Factoring bedeutet, dass rechtlich bestehende Forderungen – also Fakturen – vom Gläubiger an ein Factoringinstitut verkauft werden.
Anders als beim Zessionskredit, bei dem die Forderungen lediglich zediert werden, um eine höhere Sicherheit einzuräumen, handelt es sich beim Factoring um einen Verkauf (gem. §§ 433 ff BGB). Dies ist auch der Grund, warum die „Beleihungsquote“ i.d.R. deutlich höher liegt als bei den Betriebsmittelkrediten (Selbst wenn die Forderungen durch eine Kreditversicherung quasi sicher ist, werden im letzteren Fall selten Quoten von über 40% erreicht!).

Geschichte

Factoring hat in Deutschland eine völlig andere Entwicklung als in anderen Ländern (speziell USA und EU) genommen.
In Deutschland wurde – bis in die Zeit der späten 1980er – Factoring gewissermaßen als „Schadenpophlylaxe-Abteilung“ von Banken interpretiert, bei denen deren dubitiose Kreditengagements häufig Factoringinstituten, meist Tochterunternehmen von großen Kreditinstituten, quasi zwangsweise angedient wurden: War ein Engagement also „fast“ notleidend, wurden die kurzfristigen Kredite in den eigenen Büchern reduziert (und damit das Gesamtrisiko aus Sicht der Bank) und durch Factoring ersetzt.

Insbesondere die Textil-, Möbel-, Fleisch- und Computerindustrie waren über-proportional vertretene Branchen.
Zudem wurde Factoring meist im stillen Verfahren durchgeführt, dh. den Debitoren wurde die Abtretung nicht bekannt gegeben. Da viele Firmen, die das Factoringverfahren anwendeten, in der Folge Konkurs gingen, verbreitete sich schnell der Eindruck, dass Firmen, die dieses Instrument anwedeten, tendenziell in Schieflage wären.
Der Wandel begann, als damals zunehmend auch innovative Unternehmen Factoring als „dynamische Absatzfinanzierung“ lancierten , um insbesondere bei in starkem Wachstum die nötige Liquidität zu gewährleisten.

Dies ist mittlerweile Historie. Factoring hat in der 90er Jahren, auch bedingt durch die hohen Verluste, die durch die vielen bonitätsschwachen Anschlußkunden entstanden, einen drastischen Gesinnungswandel durchlebt:
Heute ist Factoring ein Finanzierungsinstrument, das unbedingt auch veritable Zahlen des Vertragspartners voraussetzt und damit ein konkurrierendes Kreditsubstitut zum KKK der Banken ist… und genügend Vorteile hat, um eine Entscheidung zugunsten des Factoringverfahrens einzuleiten. Dies gilt für die meisten Branchen und Unternehmensarten, Kleine Mittelständler wie auch Konzerne.

Factoring und Basel II

Einen besonderen Wachstums- und Bedeutungsschub hat das Factoring durch das sog. „Basel II Konsultationspapier“ und Folgeregularien bekommen (siehe auch: Aval-Basel II):
Da Banken Ihre Eigenkapitalpolitik umstrukturieren mussten und sich aus vielen Engagements, in denen das Kreditvolumen zu einseitig auf ein KI verteilt ist, zurückziehen, sind viele Unternehmen gezwungen Finanzierungsalternativen zu finden (u.a., weil keine externe oder interne Ratings für die Kunden vorliegen, die für Kreditvergaben erforderlich sind).
Durch die Implementierung des Factoringverfahrens erwerben diese Unternehmen dann nicht nur einen flexiblen Ersatz für die entstandenen Finanzierungslücken, sondern zudem eine Ausweitung Ihrer bisherigen Kreditlinien – von 10% auf bis zu 90% der entsprechenden Forderungsvolumina.

Ein vorteilhafter Nebeneffekt der Umsetzung ist ferner, dass die durch den Forderungsverkauf entstandene Bilanzverkürzung auch die Unternehmenskennzahlen verbessert. Damit wird ein besseres Rating generiert, das die anderen Kreditkonditionen verbessern kann. Mit anderen Worten: Es werden bessere Bankenkonditionen möglich!

Details

In den folgenden Unterabschnitten werden die verschiedenen Aspekte des Factoring näher beschrieben:
Die Säulen Finanzierung und Service (Debitorenmanagement und Inkasso) sowie Fragen zur Buchhaltung und Bilanz werden dargestellt.
Da Factoring eine sehr weites Feld ist, werden die diversen Factoringarten in einem separaten Unterkapitel dargestellt.
Die 3. Säule des Factoring, die Delkeredereabsicherung, die als Effekt des Forderungsverkaufs eine große Bedeutung hat, findet hier keine gesonderte Betrachtung, weil diese unter Kreditversicherung ausführlich beschrieben ist.