Im Zuge und nach der Finanzkrise 2009/2010 wird oft die Frage „ob man Derivate braucht“ gestellt, da diese massgeblich für die Verwerfungen verantwortlichen waren.
Zunächst eine scherzhafte Antwort:
Eine lukullische Lebensart ohne die Vorzüge der italienischen Küche zu nutzen, ist schwierig, aber machbar!
Ein Leben ohne e-mails und Mobiltelefon zu führen, ist heutzutage sehr schwer vorstellbar!
Ein modernes Finanzmanagement ohne den Einsatz innovativer Finanzderivate zu organisieren, ist aber unmöglich.
Immer komplexere Produkt- und Anlagestrukturen an den internationalen Kapitalmärkten, sowie eine immens dynamische Handels-, Produktions- und Finanzwelt mit großen internationalen Interdependenzen, verursachen ein starkes Interesse der Unternehmen sich gegen potentielle Risiken abzusichern oder aber an Handelstrends zu partizipieren.
In diesem Zusammenhang bietet der Einsatz von Finanzinnovationen die Möglichkeit, primär Risiken zu reduzieren und eigene Positionen in Basiswerten abzusichern – oder aber aktiv Gewinnmargen zu maximieren, da Derivate durch Hebelwirkungen Gewinnpotentiale besser ausschöpfen als die zu Grunde liegenden Referenzwerte.
Es darf natürlich nicht unerwähnt bleiben, dass der Einsatz „falscher“, undurchsichtiger Derivate, insbesondere wenn diese zur reinen Spekulation eingesetzt werden, auch ein erhebliches Verlustpotential beinhalten, das bis zum Totalverlust der Anlage führen kann.
Die unglaubliche Komplexität vieler Finanzinnovationen und die immer weiter ausufernde Produktvielfalt führen vielfach zur Orientierungslosigkeit von gewerblichen Anlegern:
Futures, Zinsphasenanleihen, Floating Rate Notes (FRN), Collared Floater, Koppelanleihen, Kuponswaps sind nur einige der zur Verfügung stehenden Alternativen, um Basisgeschäfte zu stützen.
Andererseits ermöglicht die immense Produkvielfalt der Derivate aber den Unternehmen, dass für jeden ein geeignetes Derivat verfügbar ist oder eine neue Struktur dem eigenen Gusto gegebenenfalls angepasst werden kann.
Risikoscheue Anleger werden hier ebenso bedient wie Spekulations affine Produzenten. Für beide Anlagertypen ist es wichtig, zunächst den eigenen Anlagehorizont zu bestimmen, um dann in einem zweiten Schritt einen geeigneten Produktmix um die eigene Zielvorgabe herum zu konzipieren.
Derivative Finanzinstrumente leiten sich von den unterschiedlichsten Anlageformen an den Kassamärkten ab. In der Hauptsache geht es bei mittelständischen Unternehmen um Ableitungen von kurz- und langfristigen Zinsinstrumenten, Renten, Aktien und Aktienindizes sowie Währungsansicherungen.
Ein Derivat, das sich seit vielen Jahren in der Exportwirtschaft manifestiert hat, ist das Devisentermingeschäft. Es handelt sich hierbei um eine feste Vereinbarung zwischen zwei Parteien, eine Devisentransaktion zu einem fixierten Kurs mit einem späteren Datum als dem Kassavalutatag durchzuführen.
Beispiel:
Ein Exporteur aus dem Euroraum schliesst einen Vertrag mit einem Abnehmer aus dem US-Raum ab. Die Transaktion (Zahlung bei Lieferung) soll jedoch erst in 6 Monaten abgewickelt werden. Die Fakturawährung ist USD. Dem Exporteur entsteht aus dieser Transaktion ein Währungsrisiko, da der Euro innerhalb des Zahlungsziels gegenüber dem USD aufwerten kann. Um dieses Risiko abzusichern kann nun ein Devisentermingeschäft vereinbart werden, bei dem bereits jetzt der in 6 Monaten zum Tragen kommende Devisenkurs fixiert wird. Der Exporteur hat sich gegenüber Wechselkursrisiken abgesichert und Planungssicherheit gewonnen. Andererseits entsteht ihm jedoch das Risiko potentieller Opportunitätskosten, da er jetzt nicht mehr an einer möglichen Euroschwäche partizipieren kann.